20 Jahre heartbeet: Interview mit syracom-Gründer

Presse, Unternehmen

Der 53-jährige Informatiker Joachim Raczek wuchs in München auf. Im Juli 1998 gründete er die Firma syracom mit Sitz in Wiesbaden. Heute zählt das Beratungshaus 180 Mitarbeiter, zeichnet sich durch seine positive Unternehmenskultur aus und erhält 2018 zum vierten Mal in Folge die Auszeichnung "Beste Berater" des Wirtschaftsmagazins "brand eins". Der Firmengründer im Interview mit Claudia Messer, freie Journalistin.

Herr Raczek, Sie leiten ein erfolgreiches, unabhängiges Business- und IT-Beratungshaus mit 180 Mitarbeitern. In diesem Jahr feiert die syracom AG ihr 20-jähriges Jubiläum. Erzählen Sie kurz, wie es zur Firmengründung kam?

Vor syracom war ich fünf Jahre lang Geschäftsführer bei einem anderen Softwareunternehmen und dort zuständig für den Aufbau des Beratungsgeschäfts. Dann verspürte ich den Wunsch, mein eigenes Unternehmen zu gründen, um mehr Freiraum und Möglichkeiten zur Verwirklichung meiner Ideen zu haben. Was mir die Gründung vereinfachte, waren einerseits ein Auftrag bei einem großen Kunden, den ich in der Tasche hatte, und andererseits loyale Mitarbeiter und Kollegen, die mit mir zusammen das Risiko der Neugründung eingegangen sind. Es war einfach der richtige Zeitpunkt!

Verfolgten Sie schon lange den Wunsch / Traum zur Selbstständigkeit und der Gründung einer Firma?

Ich hatte nicht die große Vision, eine Firma zu gründen. Ich bin in München geboren und dort in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Früh habe ich die Leidenschaft für Computer entdeckt und Informatik studiert. Bereits während des Studiums habe ich bei einer Münchner SW-Entwicklungsfirma angefangen zu arbeiten. Dabei war ich zu Beginn eher introvertiert und durchaus zufrieden mit meiner Rolle als Softwareentwickler. Ich hätte niemals gedacht Unternehmer zu werden. Aber wer den ersten Schritt macht, muss auch den nächsten Schritt gehen.

Wie haben Sie diese Introvertiertheit überwunden?

Damals bei meiner Tätigkeit als Softwareentwickler habe ich mitbekommen, wie gut es sich anfühlt, Teil eines motivierten und guten Teams zu sein. Ich war stolz, Nächte durchzuarbeiten und gemeinsam mit dem Team etwas Tolles geleistet zu haben. Eines Tages hat mir mein damaliger Chef nahegelegt, eine Schulung zu halten. Ich sollte das Produkt, das wir entwickelt hatten, den Anwendern nahebringen und sie schulen – für mich damals eine große Überwindung, aber gleichzeitig eine wichtige Erfahrung in meinem Leben. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!

Was haben Sie aus dieser Erfahrung gelernt?

Diese Erfahrung prägt mich bist heute, nämlich Menschen dazu zu ermutigen, an und über ihre Grenzen zu gehen, um daran zu wachsen. Hat man diese Hürden und Herausforderungen erst einmal gemeistert und bekommt Lob vom Kunden, ist das ein wunderbares Gefühl, als könne man fliegen!

Wie kommt ein Münchner nach Wiesbaden?

Ich weiß noch genau, wie ich vor nun 27 Jahren einen Beratungsauftrag bei der Nassauischen Sparkasse in Wiesbaden bekommen habe. Aus diesem einen Tag wurden 27 Jahre, die ich nun hier in Wiesbaden bin. Ich habe damals beim Kunden weitere Berater kennengelernt, mit denen ich dann meine erste Beratungsfirma gegründet habe. Diese Herausforderung habe ich als Chance begriffen, die ich unbedingt ergreifen wollte, auch wenn ich gleich zu Beginn erlebt habe, dass sich Erfolg nicht automatisch einstellt.

Was treibt Sie an?

Spaß und Leidenschaft, Dinge zu gestalten, verbunden mit der Freude, im Team, Dinge zu bewegen, die man als Einzelner so nicht schafft. Es ist ein tolles Gefühl und macht mich immer wieder stolz, wenn man sich in der Öffentlichkeit nicht allein "vertritt", sondern eine Mannschaft von nun fast 200 Leuten hinter sich spürt. Das gibt unglaubliche Kraft und Energie.

Hatten Sie Angst zu scheitern?

Früher wäre für mich zu scheitern einer extremen Niederlage gleichgekommen. In Deutschland ist das Scheitern nicht erlaubt und so wurde ich sozialisiert. Ich habe aber inzwischen erfahren, wenn man an sich glaubt, dann ist Scheitern kein Stigma. Im Gegenteil, aus der Erfahrung des Scheiterns entwickelt man sich weiter und es entsteht Neues.

Sie leiten ein Unternehmen mit 180 Mitarbeitern. Welche Führungsphilosophie leben Sie?

Das Wichtigste für mich ist eine funktionierende Kultur. Wir sind alle ein Team. Man muss füreinander da sein, in guten wie in schlechten Zeiten. Dazu habe ich zwei Dinge verinnerlicht. Erstens: Schaffe klare Strukturen und Zuständigkeiten. Sie sind essenziell, gerade wenn man wächst. Zweitens: Schaffe eine inspirierende Firmenkultur. Ein Unternehmen lebt von seinen Mitarbeitern. Und der Rahmen, der diese Mitarbeiter verbindet, ist eine gelebte Kultur. Eine Kultur, die nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch von allen verinnerlicht und gelebt wird.

Wie würden Sie dabei Ihre Rolle als Chef beschreiben?

Wichtig für mich sind flache Führungshierarchien. Dabei ist meine Rolle die des "Vorturners", die in jeder funktionierenden Organisation benötigt wird. Entscheidungen müssen getroffen werden und im Bedarfsfall treffe ich die finale Entscheidung. Dabei sehe ich mich auch als denjenigen, der den Weg vorgibt. Ein erfolgreiches Unternehmen benötigt Strukturen, Prozesse und eine funktionsfähige Kultur. Das ist die Basis für unser Wachstum. Und dieser Weg ist nötig, um langfristig am Markt stabil und erfolgreich zu sein.

Was sind Ihre Leidenschaften?

Meine große Leidenschaft ist syracom. syracom ist mein "Baby" und ich bin extrem stolz, wenn ich nun nach 20 Jahren sehe, was aus diesem Baby geworden ist. Für mich als Informatiker sind es die "einfachen" Dinge, die das Leben lebenswert machen. Dazu gehören moderne Kunst und Musik, aber auch mechanische Preziosen, wie Autos und Uhren, sowie gutes Essen oder Wein.

Sie haben vieles der Firma geopfert. Bereuen Sie heute diese Entscheidung?

Ich würde das so nicht sagen. Ich habe sicher einiges an Geld, Zeit, Gefühl und Leben in das Unternehmen investiert. Aber das Unternehmen hat mir vieles wieder zurückgegeben. Ich möchte diesen Schritt sicher nicht mehr missen. Schade finde ich nur, dass ich es nicht geschafft habe, eigene Kinder in die Welt zu setzen. Aber das Glück, wenn mich ein kleines Kind einfach nur so anlächelt, ohne Hintergedanken und ohne Zwang, einfach nur so, ist unbeschreiblich.

Was ist Ihnen im Umgang mit den Mitarbeitern wichtig?

Wie ich schon gesagt habe, ist für mich unsere Kultur die Grundlage des gemeinsamen Miteinanders. Nur daraus kann sich ein positives Klima entwickeln, Als einen meiner wichtigsten Werte sehe ich dabei das gegenseitige Respektverständnis. Verbunden mit Leidenschaft, Verlässlichkeit und einem partnerschaftlichen Grundverständnis wird die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit geschaffen. Ziel ist doch, dass jeder Mitarbeiter im Unternehmen die Möglichkeit sieht, sich und seine Ideen zu verwirklichen. Gemeinsam Neues zu schaffen, mit Spaß an der Sache, dabei auch Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und aktiv als Treiber zu fungieren, ermöglicht es dem Unternehmen doch überhaupt erst, sich erfolgreich dem Wettbewerb zu stellen und sich zu behaupten.

Sie und Ihr Unternehmen unterstützen viele soziale Projekte. Was ist Ihr Ansporn?

Der Gesellschaft etwas von dem zurückzugeben, was sie mir und uns gegeben hat. Mir ist wichtig, soziale Initiativen zu unterstützen und meine Mitarbeiter für diese, aber auch eigene Projekte zu motivieren. Nur im Kontext einer funktionsfähigen Gesellschaft macht unser Handeln und wirtschaftliches Streben nach Erfolg Sinn. Natürlich liegt das Hauptziel einer unternehmerischen Tätigkeit darin, Geld zu verdienen. Aber genauso wichtig ist es, in Zeiten, in denen es einem gut geht, an diejenigen zu denken, denen es nicht so gut geht und die auf Hilfe angewiesen sind.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?

Eigentlich sollte man aufhören, wenn es am Schönsten ist. Wir haben letztes Jahr das beste Jahr in der Firmengeschichte erlebt. Nach dieser Logik müsste ich eigentlich Schluss machen. Aber ich sehe noch Ziele und Perspektiven für mich bei syracom. Wir sind so gut aufgestellt, dass wir im Rahmen unserer derzeitigen Strukturen auf ca. 300 Mitarbeiter und ca. 40 Millionen Euro Umsatz wachsen können. Hierzu möchte ich meinen Teil dazu beitragen. Und natürlich gilt es aber auch, sich bereits jetzt darüber Gedanken zu machen, wer das Ruder in den nächsten Jahren übernehmen kann. syracom bin nicht ich und in diesem Sinne muss sichergestellt sein, dass das Unternehmen auch in Zukunft wächst und gedeiht, auch wenn ich einmal nicht mehr vorne stehe. Dabei kenne ich viele fähige Menschen, auch bei uns im Unternehmen, denen ich diese Aufgabe zutraue.

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